Sollten die Gütsler mehr fluchen? Der Sprachwissenschaftler André Meinunger sagt: Wer fluche, halte mehr aus. Es gebe zahlreiche Studien, die diesen Sachverhalt nahelegten, die bekannteste sei wohl die des britischen Sprachwissenschaftlers Richard Stevens. Der ließ Probanden ihre Hand in eiskaltes Wasser halten. Die eine Gruppe der Probanden durfte dabei fluchen, die andere nicht. Das Ergebnis: Die Fluchenden hielten das eisige Wasser deutlich länger aus und empfanden weniger Schmerz. Physisch sei dies dadurch zu erklären, dass Fluchen die Adrenalinausschüttung und das limbische System aktiviere. Die Erkenntnisse aus dem Experiment lassen sich laut Meinunger auf reale Lebenssituationen übertragen. Fluchen habe eine stärkende, befreiende Wirkung und führe dazu, dass man mehr aushielte – was wiederum einen positiven Effekt auf die mentale Gesundheit habe. Allerdings passe Fluchen nicht in jeder Situation. Etwa im Bewerbungsgespräch könnte es befremdlich wirken. Oder im öffentlichen Umgang mit tatsächlichen oder auch nur vermeintlichen Gegnern, so das »Deutschlandradio«. Überhaupt in Hörweite anderer Menschen, so »Gütsel«. Befremdlich wirkt es auf Dritte eigentlich immer. Darüber hinaus gibt es natürlich auch eine psychologische Erklärung für die befreiende Wirkung, die Stichwörter sind »Katharsis« und »Übersprungshandlung«. André Meinunger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich Drei »Syntax und Lexikon« am Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS) in Berlin. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Grammatiktheorie, vor allem die Syntax der deutschen Sprache. Er arbeitet derzeit vornehmlich zur Satzverknüpfung, also zur Interaktion von Teilen innerhalb eines Satzgefüges. In diesem Zusammenhang forscht er zu semantischen, syntaktischen oder auch phonologischen Widersprüchen beim Zusammenspiel sprachlicher Ausdrücke. Außerdem engagiert er sich für das Thema Sprache und Sprachwissenschaft in der Öffentlichkeit. Er trägt diesbezüglich zur Diskussion um die Bereiche Sprachnorm, Sprachpflege, »Gendern« und verbale Aggression (Schimpfen, Fluchen, »Hate Speech«) bei.